Ein ,,gezielter Kinnhaken“ - Warum Maren Kroymanns Auftritt beim Comedypreis Rede des Jahres 2021 ist
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,,Was Maren Kroymann liefert, ist ein sehr leidenschaftliches Plädoyer für Gleichberechtigung und eine Stellungsnahme zu Sexismus in der Comedy-Branche“, sagt Jury-Mitglied Olaf Kramer im SWR2-Gespräch über die Preisträgerin der ,,Rede des Jahres“. Der geschäftsführende Direktor des Seminars für Allgemeine Rhetorik der Universtität Tübingen ist davon überzeugt, dass Kabarettistin treffsicher mit gängigen Erwartungen gebrochen habe, indem sie bei der Verleihung des deutschen Comedy-Preis keine leichte Kost servierte. ,,Dazu gehört Mut", so Kramer, "Man spürt: Das ist der Redner wirklich ein Anliegen. ,,Mit dem Erwartungsbruch sei Kroymann ein Moment der Wahrhaftigkeit gelungen, der mit einem gezielten Kinnhaken Misstände in der Comedy-Branche entlarvte, so der Rhetorikexperte. ,,Performativ zeichnet er sich dadurch aus, dass sie sehr viel Ruhe ausstrahlt", findet Kramer den Auftritt. Der gezielte Tabubruch, den Kroymann begangen habe, erinnere am ehesten an die Rede von Marcel Reich-Ranicki, der 2008 die Entgegennahme des Deutschen Fernsehpreises verweigerte und dies rhetorisch fulminent begründete. In einem Wahljahr wie 2021 keine politische Rede ausgezeichnet zu haben, ist aus Sicht von Kramer kein Ausweichen der Jury auf ein Seitengleis. Er verteidigt die Kür von Kroymann so: ,,In der Tat kann man feststellen, dass im Wahljahr die große politische Rede nicht zu finden war - dass es die nicht gegeben hat." Kroymanns Rede sei das Spannendste, Überraschendste gewesen, was man zur Auswahl hatte. Prof. Olaf Kramer hat in Tübingen, Frankfurt und Chapel Hill (USA) Allgemeine Rhetorik, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, Philosophie und Psychologie studiert. Er leitet an der Uni Tübingen, neben seinem Lehrstuhl, die Forschungsstelle "Präsentationskompetenz".