Nach dem EM-Aus von Wembley: „Ehrliches Ende“ der Ära Löw
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Keine Katastrophe, sondern eine ehrliche Standortbestimmung für den deutschen Fußball - so bewertet Rainer Moritz das Ausscheiden der Fußball-Nationalelf bei der EM nach der 0:2-Niederlage gegen England. "Man hat hervorragende Einzelspieler, aber die Mannschaft funktioniert als Einheit nicht", bilanziert der Leiter des Hamburger Literaturhauses, ausgebildete Fußball-Schiedsrichter und Autor (Vorne fallen die Tore. Fußball-Geschichte(n) von Sokrates bis Jürgen Klinsmann") das Spielgeschehen im Londoner Wembley-Stadion: "Man hatte nie den Verdacht, dass Deutschland so richtig herumreißen könnte." Die DFB-Elf sei spielerisch seit dem WM-Gewinn 2014 stehen geblieben, so Moritz im Gespräch mit SWR2. Er ergänzt: "Man hatte am Schluss das Gefühl, dass das Achtelfinale das richtige Ende für diese Mannschaft war." Knackpunkt sei die Weltmeisterschaft 2018 in Russlang gewesen, als Löws Auswahl nach einer Niederlage gegen Südkorea frühzeitig aus dem Turnier ausschied. Zwar solle man nicht die Verdienste von Löw vergessen. Er habe aus den "Rumpelfußballern" Spieler gemacht, die auch schön spielen konnten. Doch habe man beim DFB die internationale Entwicklung des Spiels verschlafen. Eine allzu große Enttäuschung bei den Fans sieht Rainer Moritz nicht. "Wenn die Mannschaft wie im Rausch gespielt hätte, wäre die Tristesse größer gewesen", meint er. Er stellt dagegen eine "gewisse Mutlosigkeit" fest. Auf den Nachfolger Löws, Hansi Flick, kämen große Aufgaben zu. Für die nächsten Monaten gelte aber erst enmal: "Angela Merkel geht, Joachim Löw geht - ich weiß gar nicht, wie die Deutschen das erkraften werden." Rainer Moritz ist Germanist, Literaturkritiker, Übersetzer und Autor. Er leitet seit 2005 das Literaturhaus Hamburg. Außerdem ist Rainer Moritz ausgebildeter Fußball-Schiedsrichter und ausgewiesener Fachmann ("Abseits. Das letzte Geheimnis des Fußballs, München 2006").