„Projekt Aufklärung“ als Doku-Serie bei Arte – Aufklärung als eine Idee nur für weiße Männer
SWR2 Kultur Aktuell - Podcast tekijän mukaan SWR
Eine kritische Bilanz der Philosophie der Aufklärung ziehen – das ist die Absicht der Doku-Reihe „Projekt Aufklärung“ bei ARTE. Im Gespräch mit SWR2 sagt die Politikwissenschaftlerin und Filmemacherin Emilia Roig über das Erbe der Aufklärung: „Das ist ein Ideal geblieben. Heute fangen wir an zu sehen, was an dem Projekt auch problematisch war.“ Das Beispiel von Thomas Jefferson, einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten, zeige die Paradoxien der Aufklärung. Einerseits habe Jefferson Sklaven gehalten, andererseits habe er den Grundsatz „Alle Menschen sind gleich“ in der Verfassung der USA verankert. Roig sieht in Jefferson einen Mann seiner Zeit: „Es war damals schwierig, sich vorzustellen, dass die Wirtschaft auch ohne Sklaverei funktionieren könne.“ Die Aufklärung sei auch als Kampf von verschiedenen Interessen und Hierarchien zu verstehen, mit deren Ergebnis nicht alle zufrieden waren. „Ohne diese Unzufriedenheit würden wir keine Fortschritte sehen“, meint Roig. Aus der Sicht der Gegenwart war die Epoche der Aufklärung ein Herrschaftsprojekt weißer Männer. „Die Aufklärungszeit war auch sehr misogyn“, kritisiert Roig. Sie habe die Freiheit weißer Männer verwirklichen wollen. Andere Kategorien und gesellschaftliche Gruppen hätten die Wortführer der Bewegung außer Acht gelassen. „Diese Kategorien sind schädlich“, sagt Roig über den Widerstreit der Interessen. Deshalb gelte es über die Zeit der Aufklärung neu und kritisch nachzudenken. Dr. Emilia Zenzile Roig stammt aus einer Familie mit algerisch-jüdisch-karibischen Wurzeln. Sie hat Politikwissenschaft studiert und 2007 in Berlin das Center for Intersectional Justice (CIJ) gegründet, dessen Direktorin sie auch ist. Im Jahr 2021 erschien von ihr das Buch „Why we matter“.